Technik - hautnah mit erleben
Erkundung der Henrichshütte in Hattingen

Am 21. April 2010 besuchte der Technikkurs der Jahrgangsstufe Acht der Annette-von-Droste-Hülshoff Schule, Bochum die Henrichshütte in Hattingen. Die Erkundung der Henrichshütte war der Höhepunkt einer Unterrichtsreihe zum Thema „Gießen“, auf den sich die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen mit speziellen Erkundungsaufträgen mehrere Wochen akribisch vorbereiteten.
Für Nichttechniker: Beim „Urformverfahren“ Gießen wird ein flüssiger Werkstoff (z. B. Metall) in eine bestimmte Form gegossen und es entsteht nach dem Erstarren ein fester Körper mit genau dieser Form. Bereits in der Antike gossen beispielsweise die Römer Metall in Holz- oder Tonformen, es existieren aber auch ältere Funde. Heutzutage wird in Keramik- oder Sandformen gegossen, beispielsweise zur Fertigung von Glocken.Die Henrichshütte wurde 1854 gegründet und war mit bis zu 10.000 Mitarbeitern - die Koks, Eisen und Stahl produzierten, flüssiges Metall gossen, walzten und schmiedeten - eine Zeit lang die weltweit größte Hütte ihrer Art. Es wurden hauptsächlich mehrere Meter hohe Gussteile aus Eisen und Stahl (Schmelzpunkte liegen bei ca. 1.500 °C) produziert, was für die dort arbeitenden Männer immer ein gewisses Gefahrenpotenzial mit sich brachte. Aufgrund der hohen körperlichen Anforderungen arbeiteten in der Stahlproduktion und -verarbeitung keine Frauen. Im Jahr 1987 wurde die Henrichshütte geschlossen, zum Teil abgerissen und seit dem Jahr 1989 ist sie ein Industriemuseum des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe mit einer eigenen Schaugießerei. In eben jener Schaugießerei sind die Schülerinnen und Schüler im Rahmen dieser Erkundung noch selbst aktiv geworden... |
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Im Laufe des ganztägigen Aufenthalts in der Henrichshütte interviewten die Schülerinnen und Schüler beispielsweise die ehrenamtlichen Mitarbeiter (die alle bereits vor der Schließung 1987 dort arbeiteten) über die Geschichte der Henrichshütte, die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen eines Formgießers und über das sogenannte „Sandgussverfahren“. Beim Sandgussverfahren wird ein Modell (z. B. aus Holz oder Metall) in einem mit Sand gefüllten Ober- und Unterkasten abgeformt. Das Modell wird anschließend entfernt und der verbliebene Hohlraum wird mit flüssigem Metall ausgegossen. Das Metall fließt dank seines Eigengewichtes durch ein System von Zuleitungen (Anschnittsystem) in die Sandform, ein System von Austrittkanälen erleichtert das Entweichen der Luft aus den Hohlräumen. Nach dem Abkühlen und Erstarren des flüssigen Metalls wird die Sandform zerstört (deshalb zählt das Sandgussverfahren zu „Gießen in verlorener Form“) und das fertige Gussstück kann entnommen und mit z. B. Feile, Säge oder Bohrer nachbearbeitet werden. |
Natürlich wurde im Rahmen dieser Erkundung auch das riesige Industrieareal mit einigen noch im Originalzustand erhaltenen Gebäuden (z. B. die Gebläsehalle, die Erzbrücke oder die beeindruckend großen Stahlkonverter) ausgiebig erkundet und die Stufen des 55 m hohen, ältesten begehbaren Hochofen im Ruhrgebiet erklommen, von dem man eine fantastische Aussicht über das ganze Areal genießen konnte.
Absolutes Highlight dieser Erkundung war jedoch das Gießen von unterschiedlichen Werkstücken aus Aluminium (schmilzt bei ca. 700 ° C). Aus Sicherheitsgründen wurde der eigentliche Gussvorgang von den Mitarbeitern der Henrichshütte durchgeführt. Die Vor- und Nachbereitung der Gussstücke lag allerdings in den Händen der Schülerinnen und Schüler, die daher besonders motiviert bei der Sache waren und in diesem Zusammenhang durch ihr eigenes Handeln und den direkten Austausch mit den erfahrenen Formgießern eine Menge über das Gießen lernen konnten. Dies zeigte sich insbesondere in den einzelnen Gruppenergebnissen, auf denen dieser Bericht primär aufbaut. |
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Die Eindrücke aller Beteiligten zur Erkundung der Henrichshütte wurden im Anschluss an die Unterrichtsreihe mithilfe von schriftlichen und mündlichen Befragungen ausgewertet. Neben den vielen positiven Eindrücken wurde durchweg konstruktive Kritik aufgenommen, was zur Weiterentwicklung und Verbesserung künftiger Besuche dieses außerschulischen Lernortes verhelfen soll. So wurde beispielsweise von Schülerseite angeregt, künftig im Technikunterricht eigene Formen (z. B. Schlüsselanhänger) vorzubereiten, die dann in der Henrichshütte aus Aluminium gegossen, nachbearbeitet und anschließend als persönliches Andenken mitgenommen und behalten werden könnten. Diesbezüglich gab es bereits positive Gespräche mit der Schaugießereileitung, so dass dieser Punkt bei künftig regelmäßig stattfindenden Erkundungen der Henrichshütte mit Schülerinnen und Schülern der Annette-Schule umgesetzt werden kann. |
Abschließend bleibt festzuhalten, dass mit der Schaugießerei der Henrichshütte Hattingen ein weiterer Kooperationspartner für die Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule gewonnen werden konnte. Die abschließende Reflexion dieser Erkundung zeigte durchweg positive Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler.
Technik hautnah (mit-) erleben – Annette macht´s möglich
J. Borowski
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