1931
Am 4.1.1931 gründet die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) in Bochum ihren Gau Westfalen-Süd. Bochum wird Gauhauptstadt, Gauleiter ist Josef Wagner, ein arbeitsloser Lehrer. Zum NSDAP-Kreisleiter wird in Bochum 1932 der Kaufmann Ernst Riemenschneider ernannt.
1933
Am 30.1.1933 wird Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Bochumer NSDAP veranstaltet einen Siegeszug durch Bochum mit anschließender Großkundgebung. Die politischen Gegner können sich nicht zu einer gemeinsamen Gegenwehr durchringen. Während die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands zum offenen Widerstand aufruft, will die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) die Regierung mit politischen Mitteln, wie Werbung, Aufklärung und Protest bekämpfen. Bereits Mitte Februar verlieren in Bochum der Polizeipräsident und der Leiter der Schutzpolizei ihre Ämter.
27.2.1933, der Reichstagsbrand in Berlin wird von den Nationalsozialisten als kommunistische Brandstiftung dargestellt und zur Aufhebung wichtiger verfassungsmäßiger Rechter benutzt. Dadurch kommt es zu einer Verhaftungswelle, bei der in Bochum rund 100 KPD-Mitglieder verhaftet oder von der SA verschleppt werden. Die, die fliehen konnten kämpfen vom Untergrund aus weiter.
Am 5.3.1933 wird die NSDAP bei den Reichstagswahlen als stärkste Partei bestätigt, erhält aber nicht die absolute Mehrheit. In Bochum kommt die NSDAP auf 36,3 Prozent der Stimmen. Noch kurz vor der Kommunalwahl wollen die Nationalsozialisten in Bochum machtpolitische Tatsachen schaffen. Als Zeichen dafür hisst die SA am 6.3. über dem Rathaus und anderen öffentlichen Gebäuden, aber auch über der Synagoge und dem jüdischen Kaufhaus Alsberg (das heutige Kortumhaus/Saturn), die Hakenkreuzfahne.
Durch die Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten werden in der Nacht vom 10. Auf den 11.3. in Bochum 50-60 führende Sozialdemokraten, Gewerkschafter etc. verhaftet. Darunter sind zum Beispiel Heinrich König, Vorsitzender der Bochumer SPD, der 1943 an der GeStaPo-Folter im Bochumer Gerichtsgefängnis stirbt, und Fritz Husemann, Reichstagsabgeordneter und Vorsitzender des „Alten“ Bergarbeiterverbandes, der im Konzentrationslager Esterwegen 1935 „auf der Flucht“ erschossen wird. Der parteilose Bochumer Oberbürgermeister Dr. Otto Ruer wird unter Drohungen und falschen Anschuldigungen aus dem Amt gedrängt und später zum Selbstmord getrieben.

Schnell kann die NSDAP ihre Macht in Bochum festigen. Nach den Wahlen der Stadtverordnetenversammlung am 12.3.33 hat die NSDAP 39,4 Prozent der Stimmen, die Mandate der kommunistischen und sozialdemokratischen Abgeordneten werden kassiert. Am 22. Juni wird die SPD verboten, die anderen Parteien müssen sich selbst auflösen. Damit ist das Ende der parlamentarischen Verhältnisse im Bochumer Rathaus endgültig besiegelt.
Am 24.3.33 wird Dr. Otto Piclum, Chefredakteur der NSDAP-Zeitung „Rote Erde“ von Göring zum Staatskommissar für Bochum und später zum Oberbürgermeister von Bochum gewählt.
Ab April 1933 beginnt der reichsweit organisierte Boykott gegen die Juden. Vor den jüdischen Bochumer Geschäften, Rechtsanwaltkanzleien, Arztpraxen etc. werden SA-Männer mit Warnschildern postiert. Wer z.B. weiterhin bei Juden kauft, wird drastisch unter Druck gesetzt. Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung folgen.

Am 12.4.1933 wird Adolf Hitler Ehrenbürger der Stadt Bochum. Der traditionelle Kampf- und Demonstrationstag der Gewerkschaften, der 1. Mai, wird von den Nationalsozialisten umfunktioniert und zum „Tag der nationalen Arbeit“ erklärt. Am Tag darauf werden alle Gewerkschaftshäuser besetzt und die freien Gewerkschaften verboten. Alle führenden Funktionäre der Gewerkschaften werden verhaftet und in so genannte „Schutzhaft“ genommen.
9. Juni 1933, Bücherverbrennung in Bochum. Auf dem Kaiser-Friedrich-Platz (heute Imbusch-Platz) versammeln sich die Hitler-Jugend, Lehrlinge des Bochumer Vereins und der Zechen, Mitglieder der evangelischen Jugendverbände usw., um Literatur zu verbrennen, um den „kritischen Geist“ in Deutschland zu zerstören. Hier werden unter anderem Werke von Karl Marx, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky zerstört.
1935
Im September 1935 werden in Nürnberg auf dem Reichsparteitag der NSDAP die „Nürnberger Gesetze“ erlassen. Dort ist unter anderem das Verbot der Ehen zwischen „Ariern“ und Juden verankert. Juden verlieren ihre deutsche Staatsangehörigkeit und ihr Wahlrecht; ihre Arbeitsmöglichkeiten werden auf wenige Berufszweige eingeschränkt und ihr Vermögen müssen sie registrieren lassen.
1938
Am 9. November 1938 werden in ganz Deutschland die Synagogen nieder gebrannt. In Bochum fallen in der Pogromnacht vom 9. Zum 10. November die Synagoge an der Wilhelmstraße, das jüdische Casino an der Wittener Straße und etliche Wohnungen und Geschäfte von Juden zum Opfer. Jüdische Bürger werden misshandelt und schikaniert. Am Tag nach der Pogromnacht werden tausende jüdische Männer im ganzen Reich – in Bochum sind es ca. 100 Männer – verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Die Bochumer jüdischen Männer werden mit einem Sammeltransport von Dortmund aus ins Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen gebracht. Gegen das Versprechen, Betriebe und all ihren Besitz „arisieren“ zu lassen (es wurde ihnen damit weg genommen) und Deutschland sofort zu verlassen, wurden die meisten der 100 Männer frei gelassen.

1939
1. September 1939, Angriff deutscher Truppen auf Polen – Beginn des von den Nationalsozialisten provozierten zweiten Weltkrieges. Bochum gehört als „Waffenschmiede“ des Deutschen Reiches zu den bevorzugten Angriffszielen der Alliierten und wird seit Frühjahr 1943 massiv bombadiert. Ende 1939 beginnt die Zwangsarbeit in der deutschen Wirtschaft. Bis Ende 1944 werden in Bochum ca. 30.000 Menschen zur Zwangsarbeit heran gezogen und oft beim Bochumer Verein eingesetzt.
1942
Am 20. Januar 1942 wird in der Wannseekonferenz/Berlin die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen. Dies hat Massendeportationen in Konzentrationslager und Vernichtungslager zu Folge. Die jüdische Gemeinde Bochums, die 1933 noch weit über 1000 Mitglieder gezählt hatte, existiert nicht mehr. Die Zahl aller Bochumer Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist nicht bekannt.
1944
Sommer 1944. Wie in vielen deutschen Städten, war auch in Bochum die Endphase des Krieges ein Arbeitslager auf dem Gelände des Bochumer Vereins mit KZ-Häftlingen entstanden; es war eine Außenstelle es Konzentrationslagers Buchenwald. Die Häftlinge, meist Juden mussten dort für die Rüstungsindustrie arbeiten. Kurz vor Kriegsende (März 1945) wurden sie ins Konzentrationslager Buchenwald zurück gebracht. Viele der ca. 2300 Menschen haben diesen Arbeitseinsatz nicht überlebt.
Am 4. November 1944 erleidet Bochum den schwersten von 150 größeren Bombenangriffen. Über 700 britische Bomber hatten Kurs auf Bochum genommen und abends zwischen 19 und 20 Uhr mehr als 10.000 Sprengbomben und über 130.000 Brandbomben abgeworfen. Bochum brannte lichterloh. Die Innenstadt wurde fast vollständig zerstört. 1300 Menschen sind allein in dieser einen Nacht in Bochum den Bombenangriffen zum Opfer gefallen. 70.000 Menschen werden in dieser Nacht obdachlos.
1945
Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein und finden eine völlig zerstörte Stadt vor. Der Zweite Weltkrieg und die Zeit des Nationalsozialismus für die Bochumer ist zu Ende. Die Bilanz ist verheerend.

Die Stadt Bochum (Stadtarchiv) hat Mitte der 1980er Jahre einen Faltplan „Leidens-Wege in Bochum“ heraus gegeben. Er dient als Orientierungshilfe bei der Historischen Spurensuche vor Ort.
Nach der damaligen Druckversion gibt es heute auch eine aktualisierte und erweiterte Internetausgabe. Derzeit führt der Rundgang „Leidens-Wege“ zu 38 Stationen, die exemplarisch für alle Stätten der Verfolgung und des Widerstandes während der Zeit des Nationalsozialismus in ganz Bochum (einschließlich Wattenscheid, welches damals noch nicht zu Bochum gehörte) stehen.
Von 1933 bis 1945 wurden viele Menschen Opfer nationalsozialistischer Gewaltakte. Verfolgungs- und Terrormaßnahmen der NS trafen Juden, Sinti, Roma, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler, Zentrumspolitiker und alle, die Widerstand leisteten. Das Aufsuchen authentischer Orte bietet Möglichkeiten der Annäherung an das historische Bochumer Thema. Im Stadtarchiv findet man vielfältige Quellen und Dokumente zur Geschichte der NS-Zeit in Bochum.

Beispiele von Leidens-Wegen in Bochum
Die Station 1 Franziskanerkloster / Christ-König-Kirche steht an der Ecke Steinring/Düppelstraße in Bochum. Dort holte die Gestapo am 21. Juli 1941 zu einem Schlag gegen die Franziskanerorden wegen angeblicher regimekritischer Veröffentlichungen aus. Die Klöster wurden geschlossen, die Franziskaner aus Rheinland und Westfalen ausgewiesen.
Bei der Durchsuchung des Klosters am Steinring verstarb Pater Romanus Bange an Herzversagen, der zugleich auch Pfarrer der Christ-König-Kirche war. Zahlreiche Gläubige versammelten sich daraufhin vor der Kirche, da sie der Meinung waren, Bange sei durch Gewalteinwirkung der Gestapo ums Leben gekommen. Sie protestierten gegen den Gestapoeinsatz.
Im Dezember 1941 kam als 1. Vikar P. Dr. Gandulf Korte an die Christ-König-Kirche und blieb dort bis Sommer 1943. Er wurde Mitinitiator der Vincenz-Konferenz in Paderborn.
Im Frühling zerschlug die Gestapo die Vincenz-Konferenz und nahm 12 Mitglieder in Untersuchungshaft. Unter den Häftlingen befand sich auch Pater Gandulf Korte. Er wurde in das Gerichtsgefängnis Bochum gebracht, wo er am 4. November 1944 in den Trümmern des Gefängnisses während des Bombenangriffs verstarb.

Station 22: Siedlung Röderschacht
In dieser Bergarbeiter-Wohnsiedlung formierte sich 1933 eine Gruppe von KPD-Mitgliedern und Sympathisanten, die Zeitungen, Flugblätter und Tarnschriften der illegalen KPD tauschten.
Ihr politischer Leiter war Emil Marre, ein Bewohner der Bergarbeitersiedlung und Mitglied der KPD. Ihr Organisationsleiter war Bernhard Schnarr, ebenfalls wohnhaft in der Siedlung „Am Röderschacht“ und ebenfalls Mitglied der Widerstandsgruppe.
Im Dezember 1934 erfuhr die Gestapo von der Widerstandsgruppe und nahm 36 Personen fest. Einige Mitglieder der Gruppe wurden nach einigen Wochen wieder frei gelassen; gegen die Widerstandsgründungsmitglieder wurde Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat gestellt und 32 KPD-Mitglieder wurden verurteilt.

Station 24: KZ-Außenlager/Brüllstraße
Auf dem Werksgelände des Bochumer Vereins/Brüllstraße wurde im Juni 1944 ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald eingerichtet.
446 Menschen trafen am 21. Juni 1944 dort mit dem ersten Eisenbahntransport ein. Das waren nicht nur deutsche Juden, sondern es kamen auch Häftlinge mit russischer, tschechischer, polnischer oder rumänischer Nationalität. Es folgten noch etliche Transporte aus den verschiedensten KZ oder Vernichtungslagern. Im Dezember 1944 erreichte das Außenlager mit 1627 registrierten Personen die höchste Belegungsstärke. Die Häftlinge mussten körperliche Schwerstarbeit, nämlich Bau- und Erdarbeiten im Lager verrichten. Andere wiederum wurden in der Geschossfabrik eingesetzt. Misshandlungen durch die SS-Wachen, aber auch Arbeitsunfälle durch nicht vorhandene Schutzkleidung waren an der Tagesordnung. Etliche Häftlinge waren den unmenschlichen Anforderungen dieser Schwerstarbeit bei gleichzeitiger Mangelernährung und einer Unterbringung unter unmenschlichen Verhältnissen nicht gewachsen. Sie wurden krank, magerten extrem ab und wurden körperlich so schwach, dass sie nicht mehr in der Lage waren, die von ihnen geforderten Arbeiten zu verrichten. Sie galten dann als „unbrauchbare“ Häftlinge und wurden im Januar 1945 mit einem Transport nach Buchenwald geschickt, für die allermeisten ein Weg in den Tod. Aber auch im Außenlager verstarben etliche Häftlinge, beurkundet sind lediglich 108 Personen, von denen einige jüdische Häftlinge auf dem jüdischen Friedhof, nichtjüdische Häftlinge auf dem Friedhof am Freigrafendamm beigesetzt wurden.
Als im Frühjahr 1945 die Alliierten das Lager auflösten und sowohl die 1326 Häftlinge als auch die Wachmänner nach Buchenwald schickten, bedeutete das für die meisten der Häftlinge trotzdem noch den Tod. Nur wenige haben die Befreiung durch die Amerikaner noch erlebt.

Station 27: Gaststätte Dorlöchter, Herner Straße 562
In dieser Gaststätte trafen sich ab Juni 1943 die Arbeiter Moritz Pöppe, Johann Schmidtfranz und Adolf Lotz und diskutierten über die politische und militärische Situation. Pöppe und Schmidtfranz berichteten von britischen und sowjetischen Sendungen des Rundfunks. Auch wurden dort über Bochum abgeworfene Flugblätter ausgetauscht, einige Handzettel wurden dort auch mit einfachsten Mitteln selbst hergestellt. Diese Streuzettel, auf den der Text:
„Deutsches Volk horch auf – Nieder mit dem Bluthund A. Hitler“
stand, haben die Gruppenmitglieder im Dezember 1942 im Stadtgebiet von Bochum in Hausflure und –eingänge hinterlegt.
Pöppe und Schmidtfranz stellten Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen her. Im August verhaftete die Gestapo die Widerstandsgruppe. Adolf Lotz wurde zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, Moritz Pöppe und Johann Schmidtfranz wurden wegen Vorbereitung zum „Hochverrat“ zum Tode verurteilt. Die Todesurteile wurden im November 1944 im Zuchthaus Brandenburg/Havel vollstreckt.

Aktion Stolpersteine
Der Kölner Künstler Gunter Demnig erinnert mit dieser Aktion an die Opfer des Nationalsozialismus, indem er 10x10 cm große Gedenktafeln aus Messing in den Gehweg einlässt. Und zwar an der Stelle, wo die Opfer ihren letzten selbst gewählten Wohnsitz hatten. In der Messingtafel ist der Name, Geburts- und Sterbetag und wenn die Information vorhanden ist, auch der Ort (also in der Regel ein KZ), an dem das Opfer gestorben ist eingraviert.
2004 wurde mit der Aktion Stolpersteine in Bochum begonnen, mittlerweile gibt es in Bochum ca. 100 dieser Gedenksteine.
(Text von Tom Vogelsang, Klasse 10d erstellt unter Benutzung von Internetquellen: google, bochum.de, Wiki-de.genealogy.net, sueddeutsche.de, derwesten.de, vvn-BdABochum.de, stolpersteine.com)
Besonderer Dank gilt dem Stadtarchiv der Stadt Bochum (Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte), welches die Veröffentlichung der Fotos genehmigt hat.